Zu Gast bei den „Reichen Herzögen“: Tagesfahrt nach Landshut
Am 19.11.2022 fuhren 22 Studierende zusammen mit Florian Geidner nach Landshut, während Nürnberg in ein winterlich-weißes Kleid gehüllt wurde. Über mangelnde Auslastung der Züge konnte sich bei der Deutschen Bahn diesen Tags niemand beschweren, gelang es doch allen nur mit Glück, einen Platz zu ergattern. Wohl versehen mit Tee und Spekulatius kam man wider Erwarten pünktlich in Niederbayerns Hauptstadt an. Nach zwei Stunden im gut geheizt- und schlecht gelüfteten Zug wurde der kurze Spaziergang vom Hauptbahnhof in die Stadt von Einigen geradezu als Labsal empfunden – andere hofften vergeblich auf Stadtbusse. In der Altstadt angekommen blieb noch Zeit, sich mit Nahrhaftem und Wärmenden einzudecken, bevor es zur Burg ging.
Dass der kürzeste Weg nicht immer der bequemste sein muss, wurde beim Aufstieg zur Trausnitz schnell klar. Obwohl es zwischenzeitlich so aussah, wurden oben angekommen, keine Sauerstoffzelte gebraucht und eine kurze Rast vor dem Tor genügte, die Kräfte wieder aufzufüllen. Das Novemberwetter, das Nürnberg noch Schnee vergönnte, spendierte Landshut nur Nebel. Die Stadt in der Tiefe ließ sich so nur schemenhaft erahnen. In der Burg wurde den erfreuten Erlangern eröffnet, dass man sich von Seiten der Bayerischen Schlösserverwaltung entschlossen hatte, sie heute gratis einzulassen und zu führen.
Die Burg, die über Jahrhunderte, wie die Stadt, einfach nur Landshut hieß, erhielt ihren Namen „Trausnitz“ im 16. Jahrhundert. Bereits Ludwig I. der Kelheimer, der zweite Bayerische Herzog aus dem Hause Wittelsbach, baute die Burg Anfang des 13. Jahrhunderts aus. Sie diente fortan als Stammburg und Residenz der Herrscherfamilie. Vor allem in der Zeit der „Reichen Herzöge“ von Bayern-Landshut war die Trausnitz Ort der fürstlichen Repräsentation und Zeichen der Macht. Beim Durchschreiten der Räume wurde schnell klar, dass das Leben auf einer Burg wenig komfortabel war; insbesondere, wenn man nicht zur herzoglichen Familie gehörte. So verzichtet man auf der Trausnitz nicht erst seit den ins Horrende gestiegenen Energiepreisen auf das Heizen großer Teile der Innenräume. Deren einstige Pracht lässt sich allerdings nur noch partiell erahnen. Das liegt weniger an der Zerstörungskraft alliierter Bomber, von der Landshut bis auf wenige Ausnahmen verschont blieb, sondern an der Unachtsamkeit einer Putzkraft in den 1960er Jahren: 1961 brannte der Fürstenbau nieder. Von den Appartements, die sich König Ludwig II., der dann nie dort nächtigte, einrichten ließ, ist heute ebenso wenig übrig, wie von den Räumen Herzog Wilhelms V. Ein wenig Italianità lässt sich noch beim Blick auf die Renaissance-Decken und die Narrentreppe erahnen. Auf letzterer ergehen sich Figuren der Comedia dell’Arte in derben und subtilen Späßen zur Erheiterung der hochwohlgeborenen Bewohner.
Im Anschluss an die Führung besichtigten die Erlanger auf eigene Faust noch die Kunst- und Wunderkammer. Kuriositäten und Preziosen aus allen Teilen der Welt finden sich dort neben Ausstellungsstücken vergangener Jahrhunderte wider, die modernen Anforderungen des Tier- und Artenschutzes wohl nicht entsprächen. Hinabgestiegen in die Stadt, las man einen Studenten auf, der in Nürnberg den Zug verpasst und Landshut dementsprechend erst um mehrere Stunden verspätet erreicht hatte. Der Gruppe stand der Sinn nach Kaffee, sodass eine kurze Pause genutzt wurde, den Koffeinhaushalt wieder ins Lot zu bringen. Eingeweihten Quellen zur Folge fand sich aber nur in einer verschwindenden Minderheit der Becher, an die sich Wärme und Labsal suchen geklammert wurde, auch tatsächlich ein Heißgetränk auf Bohnenbasis. Der folgende Stadtrundgang nahm seinen Ausgang an der Hauptkirche Landshuts, St. Martin.
Mit ihrem 130m hohen Turm war sie bei dessen Vollendung Anfang des 16. Jahrhunderts das zweithöchste Gebäude der Welt – nach dem Straßburger Münster. In der gotischen Hallenkirche, in der alles ins Vertikale zu streben schien, referierte eine Studentin über das wohl berühmteste Ereignis der Landshuter Geschichte, die Landshuter Hochzeit von 1475. Georg von Niederbayern Landshut heiratete die polnische Königstochter Hedwig mit großem Pomp und im Beisein der Großen des Reiches. Bis heute geben die Quellen detailliert Aufschluss über die enormen Kosten dieses Großereignisses, bei dem tausende Schafe und Hühner neben hunderten Ochsen verspeist wurden. Durch die Schilderungen stärker als zuvor vom Hunger geplagt ging es weiter durch die Stadt. Leider war das große Kleinod Landshuts, die Stadtresidenz, der einzige „echte“ Renaissance-Palazzo nördlich der Alpen, wegen Sanierungsarbeiten nicht zu besichtigen. Vom neugotischen Rathaus, vorbei am Heilig-Geists-Spital an der Isar ging es zum Kloster Seligenthal. Ludmilla von Bogen, Ehefrau Ludwig des Kelheimers, der Bayern seine weiß-blauen Rauten im Wappen verdankt, gründete das Zisterzienserinnenkloster 1232.
In den folgenden Jahrhunderten wurde es zur Grablege Wittelsbacher. Nachdem man deren Genealogie noch an der Fassade des alten Ständehauses betrachtet hatte, ging es schließlich zur Einkehr ins Gasthaus zur Schleuse. Durst und Hunger gestillt watete man schließlich durch strömenden Regen zurück gen Bahnhof, wo der Zug beinahe fahrplanmäßig eintraf und die Erlanger nach Nürnberg zurückbrachte. Landshut erwies sich als pittoreskes und geschichtsträchtiges Reiseziel, das noch viel Ungesehenes bereithält und Lust auf weitere Besuche macht.