Auf den Spuren der Normannen und Staufer in Süditalien
Exkursionsbericht: Normannisch-Staufisches Süditalien
Am 16. Mai 2018 brachen 18 (angehende) HistorikerInnen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg nach Bari auf, um sich auf die Spuren der Normannen und Staufer in Süditalien zu begeben. Das abwechslungsreiche Programm begann am nächsten Morgen mit einer Führung durch ebendiese Stadt. Dabei wurden der Gruppe die Präsenz der Normannen und Staufer in der heutigen Hauptstadt Apuliens anhand der Bischofskathedrale San Sabino und ihren Vorgängerbauten im Untergrund, dem imposanten Kastell, sowie weiterer sakraler Gebäude veranschaulicht. Zudem beschäftigte sich ein Vortrag mit der Kirche San Nicola und dem mittelalterlichen Nikolauskult, der für die Stadtgeschichte Baris prägend ist. Kleinere Exkurse über die Konzilien, die Bedeutung der Kaufleute und die Rolle der Muslime wurden über den Tag verteilt eingestreut.
Am folgenden Morgen begab sich die Gruppe per Bus nach Brindisi, wo unter anderem Etappen wie San Giovanni Sepolchro, die Cattedrale di San Giovanni Battista sowie das normannisch-staufische Kastellauf dem Programm standen. Erstere ist vermutlich der Grabeskirche in Jerusalem nachempfunden, so dass sich an dieser Stelle ein Exkurs über die Kanoniker des Heiligen Grabes anbot. Am Nachmittag traf die Gruppe dann in Otranto ein, wo das monumentale Bodenmosaik der Cattedrale di Santa Maria Annunziata zweifelsohne den Höhepunkt darstellte. Die abendliche Ankunft in der traumhaft gelegenen Altstadt von Gallipo
li und die Besichtigung des hiesigen Kastells bildeten den Abschluss des zweiten Exkursionstags.
Die Reise führte weiter in die Industriestadt Tarent, wo der Duomo San Cataldo und das centro storico präsentiert wurden. Anschließend erreichte die Gruppe Europas Kulturhauptstadt 2019, Matera. Die für ihre „sassi“ genannten Wohnhöhlen bekannte Stadt beeindruckte mit den frühmittelalterlichen Grottenkirchen Madonna della Virtù und San Nicola dei Greci, sowie der Cattedrale della Madonna della Bruna e di Sant’Eustachio, deren Bau im Zusammenhang mit der Erhebung Materas zur Erzdiözese die Bedeutung der Stadt verstärkte. Mit einem abendlichen Kurzbesuch der Basilica di Santa Maria Assunta in Altamura endete ein ereignisreicher Tag.
Die nächste Etappe begann mit der Besichtigung der Abtei Sanctissima Trinità in Venosa, wo ein großes archäologisches Areal die weitreichenden Baupläne der Äbte bezeugt. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Melfi besuchte die Gruppe, die etwas außerhalb der Stadt gelegene Cripta di Santa Margherita. Die außergewöhnlich gut erhaltenen Fresken, die eine Vielzahl von Heiligen, sowie auch eine zeitgenössische Darstellung Friedrichs II. zeigen, faszinierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer überaus.
Die anschließende Führung durch das im Mittelalter langobardisch-päpstlich dominierte Benevent vermittelte die Stadtgeschichte anschaulich. Der Trajansbogens verweist auf die antike Bedeutsamkeit der Stadt, die Kirche Santa Sofia stellt mit ihrem auffälligen Grundriss hingegen eine Besonderheit langobardischer Architektur dar und die Cattedrale di Santa Maria Assunta weiß mit ihren herausragend gearbeiteten Bronzetüren zu imponieren.
Nach der Übernachtung in Barletta begann der Montag mit einer Führung durch Lucera, wobei der Fokus aufgrund der Umsiedlung der Sarazenen aus Sizilien dorthin durch Friedrich II. auf der Bedeutung der Muslime im mittelalterlichen Süditalien lag. In Troia, ebenso wie in Benevent, schmückt eine mittelalterliche Bronzepforte den Eingang der Kathedrale Santa Maria Assunta. Darüber hinaus stellt die filigrane Fensterrosette der Kirche einen architektonischen Höhepunkt dar. Nach einer kurzen Besichtigung der Abtei San Michele in Orsara erreichten die Teilnehmer der Exkursion nachmittags Canosa di Puglia. Dort konnte die geschlossene Chiesa di San Sabino und das darin befindliche Grab Bohemunds von Tarent leider nicht besucht werden. Der Abend wurde durch einen Kurzvortrag über das Kastell in Barletta abgerundet.
Der vorletzte Exkursionstag begann mit dem Besuch zweier einsamer Kirchen, San Leonardo a Lama Volara und der Basilica Santa Maria, den letzten steinernen Zeugnissen der untergegangen Stadt Siponto. Der anschließende Besuch des Santuario San Michele auf dem Monte Sant’Angelo, insbesondere die Verschmelzung romanischer Architektur mit den natürlichen Grotten im Berg, führte den Teilnehmenden den süditalienischen Michaelskult eindrucksvoll vor Augen. Die mittelalterlichen Fresken der Chiesa Santa Maria Maggiore, sowie die exotisch anmutende Architektur der Chiesa San Giovanni Battista in Tomba komplettierten den Besuch des Ortes. Das Grab des Padre Pio in San Giovanni Rotondo, welches die erste Etappe am Nachmittag darstellte, spannte den Bogen von mittelalterlichen zu zeitgenössischen Heiligenkulten. Am Abend besichtigte die Gruppe in Barletta zwei Sakralbauten, die insbesondere als Anlaufstelle für Pilger ins Heilige Land galten, die Basilika Santo Sepolcro und die Kirche San Giacomo.
Eine Führung durch Trani bildete den Auftakt für den letzten Reisetag. Die traumhaft am Meer gelegene Kathedrale San Nicola Pellegrino zeigte anschaulich, wie Städte im Mittelalter um Reliquien und die damit verbundenen Pilgerbesuche konkurrierten (Nikolaus von Bari und Nikolaus von Trani!). Die Kirche San Giacomo verdeutlichte einmal mehr die Präsenz der Ritterorden im hochmittelalterlichen Süditalien. Den Einfluss der Staufer hingegen, vor allem Friedrichs II., in der Region zeigte vor allem das majestätisch wirkende Castel del Monte, dessen Nutzen vermutlich eher repräsentativer Natur war. Nächste Station war Ruvo di Puglia, wo sich unter den vielfältigen und detailreichen Fassadenreliefs der Kathedrale Santa Maria Assunta auch ein zeitgenössisches Bildnis des „stupor mundi“ befindet. Die letzte Station bildete die Stadt Bitonto, insbesondere die Kathedrale San Valentino. Höhepunkt ihrer Besichtigung stellte das durch einen Meister Nicolaus gefertigte Kanzelrelief dar, über dessen Deutung seit Jahrzehnten ein angeregter Forschungsdiskurs stattfindet. Am Abend des 23. Mai schloss sich schließlich der Kreis, als die Gruppe von Bari ihren Rückflug nach Nürnberg antrat.
Durch die spannenden regionalen Sehenswürdigkeiten, die herausragende Organisation durch die Mitarbeiterinnen des Lehrstuhls für Mittelalterliche Geschichte, die vorbereitenden Übungssitzungen und nicht zuletzt das große Interesse und die Begeisterung aller Teilnehmenden war die Exkursion ein voller Erfolg und definitiv ein Höhepunkt des Sommersemesters 2018.
Sophie Schemann, Julian Krenz
im Namen der Exkursionsteilnehmerinnen und -teilnehmer